Siehst du wirklich, was ich sehe

Die neue Verkehrssicherheitsapp, entwickelt von sicher unterwegs in Kooperation mit der AUVA, rückt die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer:innen in den Fokus und hebt die zentrale Bedeutung der Perspektivenübernahme und Gefahrenwahrnehmung im Straßenverkehr hervor. Angesichts eines dynamischen Mobilitätsumfelds, geprägt von einer Vielzahl an Verkehrsteilnehmer:innen und unterschiedlichen Verkehrsarten, ist es entscheidend, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen, die Handlungen anderer vorausschauend einzuschätzen und angemessen darauf zu reagieren. Dies erfordert besondere Aufmerksamkeit, Konzentration und Verständnis für die Komplexität einer Verkehrssituation.

Ziel des Verkehrssicherheitsprojekts war es, aufzuzeigen, dass jeder Verkehrsteilnehmende seine subjektive Sicht auf eine Verkehrssituation hat, welche sich unter Umständen von der des neben ihm Fahrenden teilweise oder vollständig unterscheidet.

Was haben wir gemacht?

Wir zeigen anhand einer Verkehrssituation, einer vierarmigen Kreuzung, die Blickwinkel von zehn verschiedenen Verkehrsteilnehmer:innen aus der jeweils intraindividuellen Perspektive, je nach Verkehrsmittel mit intraindividuellen Sichteinschränkungen. Diese können jeweils für sich alleine, gegenübergestellt oder im Gesamtüberblick dargestellt verkehrserzieherisch diskutiert werden. Auf diese Weise können auf der Wissens-, Einstellungs- und Verhaltensebene verschiedene Zielgruppen zu verkehrssicherem Verhalten in der Primär- und Sekundärprävention motiviert werden.

Eine erschöpfende und umfassende Verkehrsüberblicksgewinnung stellt eine unverzichtbare Grundlage für die im Straßenverkehr essentielle Gefahrenwahrnehmung dar. Gelingt diese nicht, kann auf potentielle oder evidente Gefahren nicht adäquat reagiert werden. Anhand der didaktischen Aufbereitung des produzierten Materials kann des Weiteren das Verständnis der einzelnen Verkehrsteilnehmer:innen füreinander geschult und verbessert werden. Diese werden zum gezielten Blickwechsel angeregt und erleben, wie sich aus verschiedenen Blickwinkeln z.B. eine Kreuzungssituation für verschiedene Personen unterschiedlich darstellt. Der hier ausgeführte Nutzen für die Verkehrssicherheit spiegelt sich auch in der Österreichischen Verkehrssicherheitsstrategie 2021-2030 in mehreren Handlungsfeldern wider (vgl. Handlungsfeld 1: Aktive, sichere und klimafreundliche Mobilität, Handlungsfeld 3: Motorradsicherheit, Handlungsfeld 4: PKW Sicherheit, Handlungsfeld 6: Effektive Bewusstseinsbildung, Aus- und Weiterbildung).

Im Projekt wurde wissenschafts- und unfalldatenbasiert Foto- und Videomaterial im Realverkehr produziert, anhand dessen für die Zielgruppen vom Volksschulalter bis zu erfahrenen Berufskraftfahrer:innen die Fähigkeit zur verkehrsspezifischen Beobachtung und Überblicksgewinnung sowie die Verkehrswahrnehmungs- und Gefahrenerkennungskompetenzen geschult werden können.

Verkehrssicherheit im Fokus: Ein umfassendes Manual zur Perspektivenübernahme und Gefahrenwahrnehmung

Das die App ergänzende Benutzer:innenmanual bietet einerseits leicht verständlich den wissenschaftlichen und theoretischen Hintergrund der Verkehrssicherheitsanwendung und andererseits didaktive Hinweise für deren Anwendung im Klassen- oder Schulungsraum.

Basierend auf dem integrativen Modell der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung, bietet das Manual fundierte Einblicke in die psychologischen und physiologischen Aspekte der Gefahrenwahrnehmung und beleuchtet verschiedene Einflussfaktoren im Straßenverkehr.

Die Entwicklung der Gefahrenwahrnehmung bei Kindern und Jugendlichen umfasst verschiedene psychologische und physiologische Aspekte. Sie durchlaufen verschiedene Entwicklungsstufen in der Gefahrenwahrnehmung, wobei das Verständnis von Risiken mit zunehmendem Alter wächst. Emotionen spielen dabei eine bedeutende Rolle und können das Fahrverhalten beeinflussen. Die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme entwickelt sich ebenfalls im Laufe der Kindheit und Adoleszenz, was eine bessere Einschätzung von Verkehrssituationen ermöglicht. Erfahrung und Fahrkompetenz wirken sich positiv auf die Gefahrenwahrnehmung aus, wobei erfahrenere Fahrer:innen eine verbesserte Fähigkeit zur Antizipation von Risiken zeigen.

Das Schulungsmaterial wird allen Bildungseinrichtungen und Fahrschulen nach einer kurzen Einschulung ab Anfang 2025 kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Fotos: © Alek Kawka